DUBIUM

Dubium betreffend Spendung von Sakramenten durch Laien in den Schweizer
Diözesen Basel, Chur und St. Gallen


Hochwürdige Eminenz Arthur Kardinal Roche


Seit vielen Jahren übertragen die Bischöfe in den deutschsprachigen Diözesen der
Schweiz den Laienseelsorgern immer mehr Funktionen innerhalb der Pfarrei, so dass
die Unterschiede zwischen dem gemeinsamen und dem hierarchischen Priestertum
verwischt werden. Mit der Begründung eines vorherrschenden Priestermangels
erteilen die Bischöfe den Laienseelsorgern mit der «Missio canonica» oder der«
Institutio» die allgemeine Erlaubnis für die Haltung der Homilie in einer
Eucharistiefeier und die Spendung der Taufe. Die Bischöfe des Bistums Basel und
St. Gallen erteilen in zahlreichen FäIlen an Laien eine ausserordentliche
Beauftragung zur Eheschliessungsassistenz. In zahlreichen Pfarreien hat sich eine
Praxis etabliert, in der die Spendung der Sakramente durch Laien zu einem
Normalzustand geworden ist. Es wird nicht mehr unterschieden zwischen
ordentlicher und ausserordentlicher Situation. Diese Schweizer Regelungen und
Praxis wurde auch beim Synodalen Weg in Deutschland thematisiert. Des Weiteren
werden an Sonntagen in rund 50% der Pfarreien im Bistum Basel – anstelle von
sonntäglichen Eucharistiefeiern – unter der Leitung von Laien Wortgottesdienste mit
Austeilung der Kommunion gefeiert.


Viele Katholiken stossen sich an den Missbräuchen in der Liturgie und haben
entsprechende Rückmeldungen an die Bischöfe gemacht. Viele Katholiken können
jedoch nicht mehr unterscheiden zwischen einem Wortgottesdienst mit
Kommunionausteilung und einer Eucharistiefeier. Die Bischöfe der Diözesen Basel,
Chur und St. Gallen haben mit ihrem Schreiben vom 5. Januar 2023 an die
Seelsorger ihrer Bistümer in Erinnerung gerufen, dass die liturgischen Regeln
gemäss den Bestimmungen der Bischöfe gelten.


Viele Katholiken bezweifeln, dass die von den Bischöfen der Diözesen Basel, Chur
und St. Gallen erteilten Beauftragungen an die Laien den Regeln der Weltkirche
entsprechen. Es bestehen Zweifel, dass die Übertragung von «ausserordentlichen»
Funktionen zur Spendung von Sakramenten – mit der Begründung des
Priestermangels – und die Praxis in den Bistümern Basel, Chur und St. Gallen in der
Einheit mit der katholischen Kirche in Rom stehen. Stellvertretend für viele Schweizer
Katholiken stellt die Laienorganisation «Vera Fides» folgende Zweifelsfragen an das
Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung:

  1. Zweifel:
    Besteht in den Bistümern Basel, Chur und St. Gallen ein Priestermangel, wenn die
    vergangene Entwicklung und die zukünftigen Perspektiven der römisch-katholischen
    Kirche berücksichtigt werden (Anzahl Mitglieder, Anzahl der praktizierenden
    Katholiken, Anzahl der Taufen und der kirchlichen Eheschliessungen)?
  2. Zweifel:
    Die Bischöfe in den Diözesen Basel, Chur und St. Gallen erteilen Laien im Rahmen
    der «Missio canonica» bzw. der «Institutio» die allgemeine Beauftragung, die Homilie
    in Eucharistiefeiern zu halten. Entsprechen diese diözesanen Beauftragungen,
    welche dazu führen, dass die Homilie durch Laien in Eucharistiefeiern praktisch zum
    Normalfall werden, dem Kirchenrecht?
  3. Zweifel:
    Gemäss Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils (Konstitution über die heilige
    Liturgie «Sacrosanctum Concilium») sollen eigene Wortgottesdienste an den
    Vorabenden der höheren Feste, an Wochentagen im Advent oder in der
    Quadragesima sowie an den Sonn- und Feiertagen, besonders da, wo kein Priester
    zur Verfügung steht, gefördert werden (Punkt 35, Ziffer 4). Im Bistum Basel werden
    von 678 Sonntagsgottesdiensten 237 in Form einer Wortgottesfeier mit
    Kommunionspendung, 10 ohne Kommunionspendung gefeiert (Basis: Gottesdienste
    im Februar 2022, SPI, St. Gallen). Entspricht diese grosse Verbreitung den Absichten
    der Konstitution über die heilige Liturgie «Sacrosanctum Concilium»?
  4. Zweifel:
    Die Bischöfe in den Diözesen Basel, Chur und St. Gallen erteilen Laien in
    zahlreichen Fällen eine ausserordentliche Tauferlaubnis. In der Realität
    unterscheidet die Praxis kaum mehr zwischen ausserordentlichen und ordentlichen
    Fällen. Entsprechen die Delegationsregelungen und die Praxis in den Diözesen
    Basel, Chur und St. Gallen dem Kirchenrecht?
  5. Zweifel:
    Die Bischöfe der Diözesen Basel und St. Gallen beauftragen Laien mit der Assistenz
    der kirchlichen Ehe. Es ist nicht bekannt, ob in allen Fällen die formalen
    Erfordernisse gemäss can. 1112 CIC 1983 eingehalten werden, d.h. ob vorgängig
    eine empfehlende Stellungnahme der Bischofskonferenz und eine Erlaubnis des
    Heiligen Stuhls eingeholt worden ist. Werden die formalen Anforderungen des
    Kirchenrechts bei der Delegation der Eheassistenz an Laien in den Diözesen Basel
    und St. Gallen eingehalten?

    Wir bitten Sie, werte Eminenz, zu prüfen, ob die Laienbeauftragungen in den
    deutschsprachigen Schweizer Bistümern vereinbar sind mit der katholischen Lehre.
    Die zunehmende Klerikalisierung von Laien führt zu einer zunehmenden Verwirrung
    der Katholiken.

    Eine Klarstellung von Seiten der römischen Dikasterien würde Klarheit in die
    Verwirrungen bringen.

    Freundliche Grüsse, im Gebet verbunden

    Vera Fides
    Präsident
    Davor Novakovic

    Kopie z.K.:

    Bischof Felix Gmür, Baselstrasse 58, Postfach, 4502 Solothurn
    Bischof Joseph Maria Bonnemain, Hof 19, 7000 Chur
    Bischof Büchel, Klosterhof 6b / Postfach 263, 9001 St.Gallen

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