Bern, 25. Sep. 2023
Medienmitteilung von Vera Fides zu den kirchlichen Missbräuchen
Vera Fides fordert lückenlose strafrechtliche Aufklärung der Missbräuche, Schaffung eines zentra-len kirchlichen Gerichts und schonungslose Eignungsprüfungen für Priesterkandidaten
Vera Fides fordert, dass die Missbrauchsfälle in einem weiteren Schritt durch die staatlichen und kirchlichen Strafbehörden lückenlos aufgearbeitet werden. Die Verfahrens- und Rechtssicherheit bei der Behandlung von kirchlichen Straffällen ist in den Schweizer Bistümern nicht gewährleistet. Vera Fides fordert daher die Schaffung eines zentralen interdiözesanen Gerichts, das die Fälle aller Bistü-mer behandelt. Die Eignung von Priesterkandidaten soll mit höchster Sorgfalt und mit Blick auf die kirchliche Lehre geprüft werden.
Lückenlose strafrechtliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle
Die Ausführungen in der historischen Pilotstudie zum sexuellen Missbrauch bewegen sich auf einer allgemeinen Ebene. Die Missbrauchsfälle sind in einem weiteren Schritt durch Strafrechtsbehörden lückenlos aufzuarbeiten, und zwar zweigleisig. Sämtliche Akten sind der staatlichen und der vatikani-schen kirchlichen Strafrechtsbehörde zu übergeben. Bei Nachweis einer Straftat sind die Täter mit der höchsten kirchlichen Strafe, dem Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft (Exkommunikation), zu belegen.
Schaffung eines interdiözesanen kirchlichen Strafgerichtshof
Die seit dem II. Vatikanischen Konzil vorherrschende Ignoranz und Nichtanwendung des kirchlichen Strafrechts wurde von Papst Benedikt XVI. erkannt. Er leitete eine grosse Reform der kirchlichen Strafrechtsnormen ein, welche Papst Franziskus jüngst in Kraft setzte. Die Kirche ist in der Vergan-genheit mit den Missbrauchstätern zu Milde umgegangen. In den Schweizer Bistümern fehlt in der Regel das spezifische kirchenrechtliche Wissen. Die Kleinheit der Schweizer Bistümer führt zudem dazu, dass es vergleichsweise wenig Anwendungsfälle gibt. Damit entstehen Verfahrensfehler in den Prozessen und es besteht die Gefahr einer unterschiedlichen Behandlung der Rechtsfälle in den jewei-ligen Bistümern. Aufgrund der Kleinheit der Bistümer besteht die Gefahr von Netzwerken, welche wiederum die Vertuschung der Fälle fördern.
Damit die Rechtssicherheit und die Qualität in den Verfahren gewährleistet werden können, ist in der Schweiz ein interdiözesanes Gericht zu schaffen, welches die Straffälle aller Schweizer Bistümer be-handelt. Damit können die Gleichbehandlung der Straffälle in den verschiedenen Diözesen, eine hohe Fachkompetenz, schnellere Prozessabwicklungen, eine bessere Ressourcenauslastung sowie die Nut-zung von Synergien gewährleistet werden.
Prüfung der Eignung von Priesteranwärtern mit Bezug auf die kirchliche Lehre
Papst Benedikt XVI. hatte Ausmass und Ursachen der kirchlichen Missbräuche erkannt. Im Jahr 2005 erliess er eine Instruktion zur Klärung der Berufung, wonach jene Priesteranwärter, welche Homose-xualität praktizieren, tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sog. homosexuelle Kultur unterstützen, nicht zum Priesterseminar und zu den Weihen zugelassen werden dürfen. Papst Fran-ziskus hat diese Vorgaben mit dem Ausführungsdekret von 2016 untermauert.
Die zuständigen Verantwortlichen (Bischöfe, höhere Oberen) werden aufgefordert, die Prüfung der Eignung der Weihekandidaten von der Aufnahme in das Priesterseminar bis zur Weihe mit grösster Aufmerksamkeit durchzuführen. Diese Prüfung muss im Licht eines Priesterbildes erfolgen, das der kirchlichen Lehre entspricht.
Folgendes erwarten wir von SBK
Nun bevor man ins Detail geht, muss man die Geschichte des Zölibats kennen und kennenlernen. Der Zölibat (von lat. caelebs „allein, unvermählt lebend“; umgangssprachlich manchmal auch das Zölibat) hat eine lange Geschichte. Schon im 4. Jahrhundert, genau an der Synode von Elvira (ca. 306 n.Chr.) wurde es als Gesetz aufgenommen (im Kirchenrecht CIC). Zölibat ist nicht gleich Zölibat. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einem Ehelosigkeitszölibat und einem Enthaltsamkeitszölibat. Unter Ehelosigkeitszölibat versteht man, dass Kleriker nicht verheiratet sein dürfen; beim Enthaltsamkeits-zölibat ist es durchaus möglich, dass Verheiratete die Weihen empfangen, allerdings müssen sie ab dem Tag der Weihe enthaltsam leben.
Nun zum Problem des Missbrauchsfälle
Nach dem Leiter vom Kriminologischen Forschungsinstitut in Hannover, Herr Christian Pfeiffer, ist das Zölibat nicht schuld an den Missbräuchen in der kath. Kirche, er sagt dazu: «Denn pädophil ist man bereits mit 15, 16. Aber das Gelübde, keusch zu bleiben, legt man als Priester erst mit 25 oder 30 ab. Da ist also von der sexuellen Identität her alles gelaufen.» Leider gibt’s, wie bei allen grossen Fällen (Terrorismus, Erpressungen etc.), Trittbrettfahrer. Ich möchte niemandem zu nahe kommen. Aber man müsste alle Fälle gut anschauen. Nun, es ist kein innerkirchliches, sondern ein gesellschaftliches Problem. 3 von 4 Missbräuchen, geschehen entweder zu Hause oder in einer anderen Institution. Es soll keine Entschuldigung sein, dass sich Priester an Kindern und Jugendlichen vergriffen haben. Aber die Medien und vor allem das Internet haben es noch mehr geschürt.
Was müsste getan werden:
- Es ist primär ein internes Problem
- Die Priesteranwärter sollten erst (ins Seminar) mit 25 Jahren eintreten können
- Vor dem Seminar, ca. 1-2 Jahre, intensives Gespräch mit dem Regens und einem externen Psychia-ter (spez. Schulung) durchführen
- Einen „Wächterrat“ einsetzen Wir brauchen keine Reformen oder gar einen zweiten Martin Luther, wie es die Laienorganisation „Wir sind Kirche“ fordert.